Der Lesben- und Schwulenverband (LSVD) und der CSD Stuttgart vergleichen auf ihrer Homepage die Positionen einiger Landesparteien zu LSBTTIQ-Themen. Grundlage hierfür sind die Antworten auf Wahlprüfsteine, die der LSVD an die Parteien geschickt hatte.

Die Piraten werden in der Grafik falsch dargestellt. Anders als dort zu sehen, wurde der Großteil der Fragen von uns mit einem klaren „Ja“ beantwortet, wie es auch der verlinkten vollständigen Antwort entnommen werden kann. Lediglich einige wenige Fragen nach konkreten Maßnahmen konnten von uns nicht ausführlich beantwortet werden, da wir diese programmatisch noch nicht diskutiert haben.

Mit Ausnahme der genannten Punkte waren alle Fragen des LSVD Entscheidungsfragen, die mit „Ja“ oder „Nein“ beantwortet werden konnten. Um eine Begründung der Antworten wurde weder in den Fragen noch im Anschreiben gebeten. „Den Vorwurf der Seite queer.de, wir hätten die Fragen schlampig beantwortet, weisen wir deshalb zurück“, so Philip Köngeter vom Landesvorstand. In den Wahlprüfsteinen waren keine expliziten Ausführungen verlangt. „Aus der Anfrage ging nicht hervor, dass jeder Punkt hätte begründet werden müssen“, so Volker Dyken, Koordinator der AG Landespolitik, die für die Bearbeitung der Wahlprüfsteine zuständig war.

Auf unsere Rückfrage beim LSVD erhielten wir keine Antwort. Update 4. März: Inzwischen ist eine Antwort eingetroffen. Wir haben deshalb unsere Antworten konkretisiert, siehe unten. Wir sind jedoch der Meinung, schon mit unserer ursprünglichen Antwort unsere Position zu den einzelnen Punkten klar zum Ausdruck gebracht zu haben.

Auszüge aus unserem Wahlprogramm:

Freie Selbstbestimmung von geschlechtlicher und sexueller Identität und Orientierung

Wir stehen für eine Politik, welche die freie Selbstbestimmung von geschlechtlicher und sexueller Identität und Orientierung respektiert und fördert. Fremdbestimmte Zuordnungen zu einem Geschlecht oder zu Geschlechterrollen lehnen wir ab. Daher wollen wir geschlechtszuweisende Operationen, welche ohne Einwilligung der Betroffenen durchgeführt werden, abschaffen. Diskriminierung aufgrund des Geschlechts, der Geschlechterrolle, der sexuellen Identität oder Orientierung ist Unrecht, weshalb wir auch die Erfassung des Merkmals „Geschlecht“ durch staatliche Behörden sowie den Zwang zu geschlechtseindeutigen Vornamen ablehnen.

Gleichstellung von Ehe und eingetragener Lebenspartnerschaft

Wir begrüßen die Gleichstellung von Partnerschaften gleichgeschlechtlicher Paare in Baden-Württemberg und fordern, dass auch auf Bundesebene eine vollständige Gleichstellung erfolgt. Diese Gleichstellung einschließlich des Adoptionsrechts für gleichgeschlechtliche Paare wollen wir durch eine entsprechende Initative Baden-Württembergs im Bundesrat bewirken.

Freie Selbstbestimmung des Zusammenlebens

Wir bekennen uns zum Pluralismus des Zusammenlebens. Politik muss der Vielfalt der Lebensstile gerecht werden und eine wirklich freie Entscheidung für die individuell gewünschte Form des Zusammenlebens ist zu ermöglichen. Eine historisch gewachsene strukturelle und finanzielle Bevorzugung ausgewählter Modelle lehnen wir ab.

Weitere Informationen:

Update, 4. März 2016:

Auf Wunsch des LSVD haben wir die Antworten auf die Wahlprüfsteine überarbeitet:

Umsetzung des Aktionsplans „Für Akzeptanz und gleiche Rechte in Baden-Württemberg“

  • Wollen Sie dafür sorgen, dass der 2015 verabschiedete Aktionsplan auch weiterhin seine Wirkung entfalten kann und in der neuen Legislaturperiode eine gesicherte und langfristige Finanzierung bekommt?
    • Ja. Die Piratenpartei Baden-Württemberg unterstützt die Ziele des Aktionsplans. Daher steht der Fortführung sowie der Bereitstellung der entsprechenden Mittel von unserer Seite aus nichts entgegen.
  • Werden Sie sich in der zukünftigen Landesregierung dafür einsetzen, dass der Austausch zwischen der Landesregierung Baden-Württemberg, Vertretungen des Netzwerks LSBTTIQ-Baden-Württemberg und anderen Akteur_innen fortgesetzt wird, um den Dialog über weitere Maßnahmen zur Gleichstellung von LSBTTIQ fortzuführen?
    • Ja. Die Piratenpartei befürwortet die Gleichstellung und den Austausch mit den zuständigen Organisationen. Regierungshandeln beinhaltet in unseren Augen zwingend den gleichberechtigten Dialog mit allen involvierten Organisationen.
LSBTTIQ Flüchtlinge

  • Wollen Sie sich in Baden-Württemberg dafür stark machen, dass es für „besonders schutzbedürftige“ Flüchtlinge (bsp. Alleinerziehende Frauen, Kinder, LSBTTIQ Menschen. Menschen mit Handicap u.a.) gesonderte Unterkünfte und gezielte Unterstützungsangebote gibt?
    • Ja. Besonders schutzbedürftige Flüchtlinge sollten ein Anrecht auf individuelle Betreuungs- und Unterstützungsmaßnahmen erhalten. Hierzu gehören z.B. gezielt geschulte Sozialarbeiter und gesonderte, ggf. den Umständen angepasste, Unterkünfte.
  • Werden Sie sich dafür stark machen, dass Organisationen der Flüchtlingshilfe durch Seminare und Fortbildungen stärker für das Thema „Queere Flüchtlinge“ sensibilisiert werden und lokale Unterstützungs- und Beratungsprojekte etabliert werden?
    • Ja. „Queere Flüchtlinge“ fallen unter die o.g. Gruppe der im besonderen Maße Schutzbedürftigen. Wir werden uns dafür einsetzen, dass in der Flüchtlingshilfe, insbesondere lokal, eine stärkere Sensibiliserung für deren Belange stattfindet.
Schule als Ort für Respekt und Vielfalt

  • Werden Sie sich dafür einsetzen, dass der Bildungsplan weiterentwickelt wird und auch in Grundschulen der Bereich Vielfalt von Geschlecht und sexueller Orientierung stärker thematisiert wird?
    • Ja. Die Schule trägt im Wesentlichen zur Bildung in der Gesellschaft teil und sollte deshalb auch diese als solche verkörpern. Deshalb stehen wir für Vielfalt in jeglichen Bereichen, auch bereits in der elementaren Bildung.
  • Welche Strategien/Ansätze haben Sie, um pädagogisches Personal bei der Umsetzung des Bildungsplans zu unterstützen und zu gewährleisten, dass die Vielfalt von Lebens- und Familienformen auch in Schulen und Kitas sichtbar wird?
    • Über die Unterstützung dieser Pläne hinaus hat die Piratenpartei Deutschland hier keine konkreten Lösungsansätze für die praktische Umsetzung des Bildungsplans in ihrem Programm skizziert. Jedoch wird hierfür sicher mittelfristig die Anpassung der entsprechenden Lehrpläne der Lehramtsstudiengänge nötig sein. Bereits praktikzierende Lehrer sind entsprechend fortzubilden. Auch kann ggf. externes Personal, z.B. Ehrenamtliche, zur Unterstützung eingesetzt werden.
LSBTTIQ in Baden-Württemberg stärken

  • Werden Sie sich dafür einsetzen, dass es eine gesicherte Finanzierung von LSBTTIQ-Beratungs- und Unterstützungsprojekten in Baden-Württemberg gibt und diese Beratungsangebote gerade im ländlichen Bereich ausgebaut werden?
    • Ja. Entsprechende Beratungsangebote sollten, am Vorbild der Unabhängigen Patientenberatung ausgerichtet, betrieben und aus öffentlichen Geldern finanziert werden. Eine Zugänglichkeit, auch in der Fläche, muss ermöglicht werden.
Familienvielfalt in Baden-Württemberg – Regenbogenfamilie

  • Die Stärkung und Vernetzung von Regenbogenfamilien und solchen, die es werden wollen steckt in Baden-Württemberg noch in den Kinderschuhen. Wollen Sie entsprechende Netzwerke und Initiativen dabei unterstützen hier eine stärkere Vernetzung untereinander zu erreichen? Wenn ja, wie?
    • Ja. Die Piratenpartei möchte jedes Lebens- und Familienmodell gleich behandeln. Einen konkreten Plan für die Vernetzung von Regenbogenfamilien hat die Partei jedoch noch nicht entwickelt.
  • Wollen Sie sich dafür stark machen, dass Regenbogenfamilien in Verwaltung, Jugendämtern und Schulen Anerkennung erfahren und gleichberechtigt neben anderen Familienformen wahrgenommen werden? Wenn ja, welche Maßnahmen schlagen Sie vor?
    • Ja. Die Gleichberechtigung von Regenbogenfamilien in der öffentlichen Verwaltung und in Schulen unterstützen wir. Welche politischen Maßnahmen dafür notwendig sind, haben die zuständigen Arbeitsgruppen des Landesverbandes noch nicht herausgearbeitet, da der Schwerpunkt zunächst auf der politischen Zielsetzung lag.
Homophobe und transphobe Hasskriminalität effektiv bekämpfen

  • Wollen Sie sich dafür einsetzen, dass Delikte, die sich gegen sexuelle Selbstbestimmung und Vielfalt der Opfer richten, in der der Polizeilichen Kriminalstatistik (PKS) erfasst werden?
    • Ja. Um die Reichweite der Problematik sichtbar zu machen fordern wir in unserem Wahlprogramm, Straftaten mit homophobem Hintergrund in die polizeiliche Kriminalstatistik aufzunehmen. Selbstverständlich ist uns eine Erfassung bei Straftaten mit transphobem Hintergrund ebenso wichtig. Insofern besteht bereits Zielkongruenz mit den Forderungen des LSVD.
Kirchen

  • Werden Sie sich dafür einsetzen, dass Angebote von Kirchen oder kirchennahe Institutionen, die Homosexualität als Krankheit diffamieren und Heilung versprechen, staatlich sanktioniert werden Wenn ja, welche Vorschläge haben Sie dazu?
    • Eine explizite Sanktionierung fordert das Programm der Piratenpartei nicht. Vielmehr wollen wir die finanzielle Förderung der Kirchen im Rahmen der Trennung von Kirche und Staat generell auf null zurückfahren.
Baden-Württemberg steht für Vielfalt in der Bundespolitik

  • Wollen Sie sich auf Bundesebene für die Öffnung der Ehe für Menschen des gleichen Geschlechts einsetzen?
    • Ja. Die Piratenpartei unterstützt diese Idee schon lange und hat die Öffnung der Ehe unabhängig von Geschlecht und Anzahl der Menschen programmatisch verankert.
  • Werden Sie sich im Bundesrat für die Ergänzung von Artikel 3 des Grundgesetzes um das Merkmal der «sexuellen Identität» einsetzen?
    • Ja. Das Grundgesetz untersagt in Artikel 3 eindeutig die Benachteiligung von Menschen aufgrund ihrer Eigenschaften oder Anschauungen. Leider wird die sexuelle Identität hierbei bislang nicht berücksichtigt. Wir wollen, dass auch eine Benachteiligung aufgrund der sexuellen Identität ausdrücklich ausgeschlossen wird.
Baden-Württemberg International

  • Beabsichtigen Sie das Thema LSBTTIQ auch in den Arbeitsbereich des Ministerpostens für den Bundesrat, Europa und internationale Angelegenheiten zu etablieren und es als Querschnittsaufgabe in allen Bereichen der bestehenden internationalen Beziehungen mitzudenken? Wenn ja, welche konkreten Vorschläge haben Sie dazu?
    • Konkrete Pläne zur thematischen LSBTTIQ-Arbeit des Europaministeriums besitzt die Piratenpartei noch nicht, kann sich aber die Einbringung der Themen in diesem Ressort vorstellen, sollten wir es besetzen.
  • Wie wollen Sie zukünftig mit Partnerstädten/-gemeinden von Baden-Württemberg und/oder seiner Kommunen umgehen, die offen gegen Homosexuelle hetzen und Menschen kriminalisieren, die gleichgeschlechtlich lieben?
    • Auch wenn diese Eventualität von der Piratenpartei Deutschland noch nicht in ihren Arbeitsgruppen oder auf Parteitagen diskutiert wurde, kann ich mir vorstellen, dass hier eine Einfrierung bzw. Auflösung der Partnerschaftsbeziehung seitens der Basis eine Zustimmung bekommen würde.
Baden-Württemberg und die Städte und Gemeinden

  • Wie wollen Sie sicherstellen, dass die getroffenen Maßnahmen zur Aufklärung, Prävention und Fortbildung in den Städten und Gemeinden Baden-Württembergs ankommt?
    • Umsetzungsmaßnahmen wurden in unserer Partei noch nicht diskutiert, da wir dies erst nach des Erhalts eines Mandats tun und zuvor nur unsere programmatischen Ziele formulieren.
Homo- und Transphobie im Sport

  • Wollen Sie zukünftig Informations- und Aufklärungskampagnen unterstützen, die Homo- und Transphobie im Sport die Rote Karte zeigen? Wenn ja, welche konkreten Vorschläge haben Sie?
    • Ja. Unsere Antidiskriminierungsbestrebungen erstrecken sich über jeden Bereich des täglichen Lebens und somit auch über den Bereich Sport.
    • Konkrete Vorschläge haben wir hier noch nicht entwickelt.