Dieser Beitrag ist ein Gastbeitrag von Henrik
Im Rahmen des NATO -Treffens in Brüssel stellte US-Verteidigungsminister Mattis mit deutlichen Worten die Forderung der USA klar: Europa muss seine Verteidigungsausgaben massiv steigern, sonst gibt es Ärger. Im Vergleich zu den USA liegen die europäischen NATO-Partner und Kanada gerade mal halb so hoch. Das kann so nicht sein, so Mattis. Die deutsche Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen zeigt sich als treue Gefolgsfrau und stößt in dasselbe Horn. Man darf den USA nicht allein die Last der Militärausgaben aufbürden. Deutschland solle den Etat um 30 Milliarden Euro erhöhen, um die NATO Vorgabe von 2% des Bruttoinlandsprodukts zu erreichen. Die PIRATEN fordern: Fakten betrachten, statt ein totes Pferd zu besteigen.
Richtig ist, dass der US-Verteidigungsetat bei rund 600 Milliarden Dollar liegt. Der Gesamt-Etat der anderen NATO-Partner lediglich bei ca. 300 Milliarden Dollar. Dabei muss aber bedacht werden, dass die USA weltweit teure Stützpunkte unterhält, die nicht in direktem Bezug zum Zweck der NATO stehen. Zudem sind amerikanische Militärs durch die selbsternannte Position als »Weltpolizist« bei einem Großteil der weltweiten Konflikte und Kriege direkt oder indirekt beteiligt. Auch die völkerrechtlich nicht legitimierten Drohnenmorde schlagen kräftig zu Buche. Die offiziell 473 Luftangriffen von 2009 bis 2015 kosteten bei einem Stückpreis von 68.000 US$ pro Hellfire-Rakete allein über 32 Millionen Dollar. Zudem vernichtete auch die Rüstungsindustrie etliche Milliarden, die in mangelhaften Projekten wie dem Joint Strike Fighter oder den Fregatten der Zumwald-Klasse versickerten. Allerdings steht Europa beim Thema fehlgeschlagene Projekte in nichts nach. Dennoch sind die überbordenden Militärausgaben der Vereinigten Staaten zu einem großen Teil hausgemacht und sind der NATO nicht anzulasten. Zumal eine weniger aggressive Sicherheitspolitik der Amerikaner wohl insgesamt für mehr Sicherheit in der NATO und weltweit sorgen würde.
In typischer Amerikahörigkeit nutzt nun Frau von der Leyen die Gunst der Stunde, um auch für sich mehr Geld einzufordern. Grundsätzlich ist diese Forderung auch nicht verkehrt. Seit dem Fall der Mauer wurde die Bundeswehr kaputt gespart. Material ist verschlissen, Munition teilweise nicht vorhanden und Personal durch die Dauerbelastung diverser Einsätze ausgepowert. »Bedingt einsatzfähig« nennt sich das im Fachjargon. In der Realität bedeutet es, dass höchstens die Hälfte der Panzer und des Fluggeräts funktionsfähig ist und Truppenteile zu Manövern der NATO Schnelleinsatzgruppe mit Besenstielen statt Kanonen fahren. Die zahlreichen nur halbherzig umgesetzten und oft falsch konzipierten Reformen der vergangenen Jahre tun ihr übriges zum Zustand der Truppe. Der Investitionsstau bei der Bundeswehr ist also gewaltig, zumal längst versprochenes Gerät wie das Transportflugzeug A400M oder die Fregatten der »Baden-Württemberg-Klasse« nur mit erheblicher Verspätung zulaufen und aufgrund der Kinderkrankheiten ebenfalls nur bedingt einsatzfähig sind. Eine Aufstockung des Etats ist also dringend notwendig, um die bestehenden Mängel endlich zu beheben. Während die regierende CDU/SPD-Koalition deutsche Soldaten widerspruchslos auf aktuell insgesamt 16 Auslands-Missionen entsendet, versäumt sie es, die Soldaten auch ordentlich auszustatten und zu versorgen. Allerdings ist mit einem höheren Budget noch nichts gewonnen. Das Geld muss auch dort eingesetzt werden, wo es benötigt wird. Statt teuren neuen Rüstungsprojekten, die mehr der Wirtschaft als dem Einsatzzweck dienen, sollte man mehr auf die Bedürfnisse der Soldaten hören. Statt mehr Geld in den Etat zu stecken, sollte also viel mehr darauf geachtet werden, die vorhandenen Mittel sinn- und maßvoll auszugeben. Dieser Leitsatz sollte auch für alle anderen Staatsausgaben gelten.
Die Sicherheitspolitik der Piratenpartei setzt sich für weltweiten Frieden und Zusammenarbeit ein. Dennoch können auch die PIRATEN den Blick nicht von der Realität abwenden. Daher sehen wir derzeit die Notwendigkeit, weiterhin eine einsatzstarke Truppe vorzuhalten. Allerdings muss dies nicht zwingend auf nationaler Ebene stattfinden. Das NATO Bündnis hat sich seit dem Fall des Warschauer Pakts leider immer mehr zu einem Moloch politischer Interessen entwickelt. Der eigentliche Zweck der Verteidigung der freien Welt wurde längst durch geopolitische Interessen vor allem der USA überholt. Daher stellt sich die Frage, ob hier nicht ein Schnitt notwendig ist. Vielleicht wird es Zeit, verstärkt auf das im Lissabonner Vertrag geregelte, europäische Verteidigungsbündnis setzen. Einer gemeinsamen europäischen Armee stehen aktuell allerdings zu viele politische Hürden entgegen. Hierzu müsste die Europäische Union reformiert werden, beginnend mit einer gemeinsamen Verfassung.
Bis es soweit ist, steht als Antwort der PIRATEN auf die Forderung von Herrn Mattis: »Senken Sie ihre Militärausgaben, zum Beispiel durch Abzug der amerikanischen Atombomben von deutschem Boden oder durch Abbau der Drohnenkrieg-Relais-Station in Rammstein, dann stehen die US-Ausgaben nicht mehr in einer derart großen Diskrepanz zum Rest der NATO. Auch durch das Vermeiden unnötiger Kriege ließe sich einiges an Geld sparen.«
Immerhin, im Rahmen der parallel zur und in Kooperation mit der Pirate Security Conference stattfindenden Münchner Sicherheitskonferenz fand Frau von der Leyen auch noch deutliche Worte gegenüber der US-Außen- und Sicherheitspolitik. Sie warnte die USA vor außenpolitischen Alleingängen und betonte die Werte der NATO. Und diese schließen Folter aus. Ein klarer Seitenhieb gegen Präsident Trump, der sich kürzlich noch klar für brutale Verhörmethoden aussprach.
Dennoch, die Forderung nach höheren Militärausgaben steht wohl auch im Kontext zur Trump-Doktrin »America First«. Schließlich wittern amerikanische Rüstungsbauer, schon jetzt die größten Waffenexporteure der Welt, dicke Geschäfte. Allerdings steht Deutschland nach USA und Russland auf dem unrühmlichen Platz 3. Im Jahr 2015 wurden Rüstungsgüter im Wert von 4,8 Milliarden Dollar in alle Welt exportiert. Auch an den Händen der Regierung, die solche Exporte genehmigt, klebt das Blut der Toten. Daher sollten Rüstungsgüter nur noch an Bündnispartner geliefert werden. So wäre auch sichergestellt, dass unsere Soldaten nicht irgendwann gegen die eigenen Waffen kämpfen müssen.
Dies ist ein Gastbeitrag. Gastbeiträge müssen nicht immer allgemeine Parteimeinung sein.