Nachdem Oberbürgermeister Boris Palmer die Demonstration gegen die geplante Videoüberwachung am Tübinger Busbahnhof auf Facebook kommentiert und dabei unter anderem gesagt hat, man solle „das jetzt einfach mal machen“, sehen wir uns als Landesvorstand der Piratenpartei Baden-Württemberg veranlasst, klar Stellung zu beziehen.
Herr Palmer,
Toleranz bedeutet nicht, Eingriffe in unsere Grundrechte stillschweigend hinzunehmen. Gerade in Zeiten, in denen Überwachung immer weiter ausgeweitet wird, ist es unsere demokratische Pflicht, Privatsphäre und Freiheit entschieden zu verteidigen. Auch wenn sich viele Menschen durch Kameras ein subjektives Gefühl von Sicherheit erhoffen – echte Sicherheit entsteht nicht durch Technik, sondern durch kluge Stadtgestaltung, gute Beleuchtung, Prävention und vor allem durch präsentes, ansprechbares Sicherheitspersonal.
Eine Kamera verfolgt keinen Täter. Sie kann nicht eingreifen, nicht deeskalieren und keine Übergriffe verhindern – sie dokumentiert höchstens das, was schon passiert ist. Wer wirkliche Sicherheit will, muss in Menschen investieren, nicht in Technik. Nur ausreichend geschultes Personal kann schützen, bevor etwas passiert – nicht eine stumme Linse an der Wand.
Dass sich angeblich eine Mehrheit Videoüberwachung wünscht, darf kein Grund sein, Grundrechte einzuschränken. Grundrechte sind keine beliebig verhandelbaren Stimmungswerte – sie sind Abwehrrechte gegenüber dem Staat und schützen gerade auch die Minderheit vor einem übergriffigen Mehrheitswillen.
Sie selbst weisen darauf hin, dass durch Smartphones ohnehin schon riesige Mengen an Bewegungsdaten verfügbar sind. Wenn das so ist – warum dann noch zusätzliche Überwachung installieren? Der Sicherheitsgewinn ist verschwindend gering, der Eingriff in die Privatsphäre jedoch erheblich. Das Verhältnis stimmt nicht.
Ein wehrhafter, demokratischer Rechtsstaat gewinnt keine Menschen für sich, indem er Überwachung ausbaut. Er überzeugt durch Rechtsstaatlichkeit, Verhältnismäßigkeit – und durch das konsequente Verteidigen von Freiheit und Grundrechten.
Als Landesvorstand der Piratenpartei Baden-Württemberg sagen wir daher klar:
Nein zu weiterer Videoüberwachung am Tübinger Busbahnhof!
Ja zu echter Sicherheit durch Präsenz, Prävention und Respekt vor unseren Grundrechten.