Die Piratenpartei Baden-Württemberg verurteilt den von der grün-schwarzen Landesregierung vorgelegten Gesetzentwurf zur Änderung des Polizeigesetzes scharf. Am Mittwoch soll der Landtag über die Gesetzesänderung abstimmen. Das Gesetz würde der Polizei erlauben, Software wie Palantir Gotham mit realen personenbezogenen Daten zu trainieren. Dabei ist unerheblich, ob sich die betroffenen Menschen zuvor verdächtig gemacht haben.
Philip Köngeter, Listenkandidat der Piratenpartei Baden-Württemberg, warnt davor, dass die Regierung damit Baden-Württemberg zu einem Experimentierfeld für Überwachungstechnologien macht. Seiner Ansicht nach schaffen Grüne und CDU eine rechtliche Grundlage, die tief in die Privatsphäre der Menschen eingreift und den Weg für die massenhafte Nutzung von Echtdaten ebnet.
Besonders kritisch sieht Köngeter, dass das Gesetz auch den Einsatz der Palantir-Software nachträglich absichert. Das Land hat die Software des US-Konzerns bereits für über 25 Millionen Euro eingekauft. Nun soll sie mit echten Daten aus Polizeidatenbanken trainiert werden dürfen, darunter Klarnamen und Gesichtsbilder.
„Hier geht es nicht um die Verbesserung der Sicherheit, sondern um die nachträgliche Legalisierung eines millionenschweren Projekts“, sagt Köngeter. „Die Landesregierung will ihre eigene Fehlentscheidung rechtfertigen, indem sie Grundrechte schwächt und die Bürgerinnen und Bürger zum Datenlieferanten macht.“
Der Gesetzentwurf erlaubt auch, dass Daten an Dritte weitergegeben werden können, wenn eine Anonymisierung als zu aufwendig gilt. Damit wäre es möglich, dass private Firmen direkten Zugriff auf sensible Informationen erhalten. Köngeter bezeichnet das als einen Skandal. „Dass eine Landesregierung ernsthaft erwägt, ungeschützte Daten an ein privatwirtschaftliches Unternehmen weiterzugeben, zeigt, wie wenig Bedeutung Datenschutz in dieser Koalition noch hat“, so Köngeter.
Der Landesdatenschutzbeauftragte Tobias Keber hatte in einer Stellungnahme gefordert, dass in jedem Einzelfall geprüft werden müsse, ob eine Anonymisierung tatsächlich unverhältnismäßig sei. Diese Prüfung ist im aktuellen Entwurf jedoch nicht verpflichtend vorgesehen.
„Wenn staatliche Behörden beginnen, Software mit realen Gesichtern und Namen zu trainieren, wird der Mensch zum Datensatz. Das ist das Gegenteil von verantwortungsbewusster Digitalpolitik“, erklärt Köngeter. „Palantir steht für ein autoritäres Verständnis von Datenverarbeitung. Dass Grüne und CDU diesem Konzern freiwillig die Tür öffnen, ist ein Schlag ins Gesicht für alle, die noch an Bürgerrechte glauben.“
Die Piratenpartei fordert, den Gesetzentwurf vollständig zurückzuziehen. Stattdessen müsse die Landesregierung die bestehenden Verträge mit Palantir offenlegen und sicherstellen, dass personenbezogene Daten ausschließlich im Rahmen konkreter Ermittlungsverfahren und unter Aufsicht des Datenschutzbeauftragten verwendet werden.
Hintergrund:
Am Mittwoch soll der Landtag über die Gesetzesänderung abstimmen. Das Gesetz würde der Polizei erlauben, Software wie Palantir Gotham mit realen personenbezogenen Daten zu trainieren. Dabei ist unerheblich, ob sich die betroffenen Menschen zuvor verdächtig gemacht haben. Datenschützer und Bürgerrechtsorganisationen warnen vor einem massiven Eingriff in die informationelle Selbstbestimmung und kritisieren die wachsende Abhängigkeit des Landes von einem US-Überwachungskonzern.