Die Piratenpartei Baden-Württemberg kritisiert den Kompromiss der grün-schwarzen Landesregierung zum Einsatz der umstrittenen Überwachungssoftware „Gotham“ des US-Unternehmens Palantir scharf. Wie der SWR berichtet, soll die Software künftig in Baden-Württemberg eingesetzt werden – trotz fehlender gesetzlicher Grundlage und massiver datenschutzrechtlicher Bedenken. Zugleich wurde bekannt, dass sich die Koalition auch auf die Erweiterung des Nationalparks Schwarzwald verständigt hat. Für die Piratenpartei ist dieser Doppeldeal ein inakzeptabler politischer Kuhhandel.

„Dass eine datenschutzrechtlich höchst bedenkliche Überwachungssoftware eingesetzt wird, nur weil man im Gegenzug endlich den Nationalpark erweitern darf, ist ein fatales Signal. Hier werden Bürgerrechte gegen Naturschutz aufgerechnet, als ob beides nicht gleich wichtig wäre. Das ist politisch schäbig und inhaltlich verantwortungslos“, erklärt Michael Freche, Landesvorsitzender der Piratenpartei Baden-Württemberg.
Besonders empörend ist für die Piratenpartei der Umstand, dass das CDU-geführte Innenministerium bereits im März einen Vertrag mit Palantir über 25 Millionen Euro abgeschlossen hat – obwohl die Software mangels rechtlicher Grundlage derzeit überhaupt nicht eingesetzt werden darf. Die Grünen hatten diesen Alleingang ursprünglich selbst kritisiert, tragen den Einsatz nun aber mit. Die Software soll zwar unter besonderer parlamentarischer Kontrolle stehen und auf eine Nutzung ohne künstliche Intelligenz beschränkt werden. Dennoch bleibt der Einsatz hochproblematisch.
„Die Regierung handelt hier nach dem Prinzip: erst kaufen, dann fragen. Dass die Software juristisch überhaupt noch nicht einsetzbar ist und trotzdem bereits Millionen fließen, zeigt, wie leichtfertig hier mit öffentlichen Geldern umgegangen wird“, so Philip Köngeter, Kandidat der Piratenpartei für die Landesliste. „Die Grünen haben sich am Ende von der CDU über den Tisch ziehen lassen – oder sie haben sehenden Auges mitgemacht. Beides ist ein Offenbarungseid.“
Laut Innenministerium bestehe kein Kündigungsrecht für den Vertrag. Eine Preisbindung habe den Abschluss zum jetzigen Zeitpunkt erzwungen – sonst hätte sich der Preis verdoppelt. Die Piratenpartei sieht darin kein Argument, sondern eine hausgemachte Erpressungssituation.
Der angekündigte Ersatz durch eine europäische Software bleibt vage – ein Anbieter ist laut Landesregierung nicht in Sicht. Der Einsatz von Palantir, das in den USA durch Verbindungen zu Geheimdiensten und Gründer Peter Thiel aufgefallen ist, soll laut Beschluss der Koalition nach viereinhalb Jahren enden – doch die Erfahrung zeigt: Interimslösungen haben in der Verwaltung oft eine überraschend lange Lebensdauer.
„Wenn eine Software mit so tiefem Eingriffspotenzial in Kommunikations- und Verkehrsdaten eingesetzt werden soll, dann braucht es absolute Transparenz, ein öffentliches Verfahren und klare rechtsstaatliche Leitplanken. Das alles fehlt hier“, mahnt Freche. „Stattdessen werden Hinterzimmerdeals gemacht – das ist keine Demokratie auf Augenhöhe, sondern Politik unter Ausschluss der Bürgerinnen und Bürger.“
Die Piratenpartei fordert die sofortige Offenlegung aller Verträge und Entscheidungsgrundlagen sowie einen Stopp des Einsatzes der Software, bis eine tatsächliche rechtliche Grundlage geschaffen und eine breite gesellschaftliche Debatte geführt wurde.